Zebi Magazin
Neuer Beruf macht Gebäude intelligent
Zwölf Lernende haben diesen Sommer in Luzern zum ersten Mal die Lehre Gebäudeinformatiker/in EFZ begonnen. Martin Schlegel, Präsident von EIT.zentralschweiz, erklärt, was dieser Beruf beinhaltet und warum es ihn für die Zukunft braucht.
Text: Irene Reis / Bild: Christoph Arnet
Erschienen im Zebi Magazin 2021, 06.11.2021
Herr Schlegel, obwohl man sich unter dem Begriff bereits etwas vorstellen kann – was genau ist der Beruf Gebäudeinformatiker/in EFZ?
Einfach gesagt, machen Gebäudeinformatikerinnen und -informatiker die Gebäude «intelligent». Sie sorgen für die Optimierung des Energieverbrauchs und mehr Komfort in Gebäuden. «Smart Home» oder «Energiestrategie» sind die zentralen Begriffe, um den Beruf zu erklären. In einem Smart Home kommuniziert der Rasenmäher mit dem Internet, beispielsweise für die Wetterprognose und das Rasenwachstum. Oder auch Sonnenstoren werden intelligent. Sie können nicht nur über den Schalter, die App oder die Sprachsteuerung geregelt werden, sondern passen sich der Temperatur und dem Sonnenstand an. Die Räume bleiben im Sommer maximal gekühlt und optimal belichtet. Man muss sich vorstellen, was beispielsweise ein grosser Bürokomplex an Energieausstoss und Kosten einsparen kann, wenn die Räume nicht zusätzlich belichtet oder gekühlt werden müssen.
War das bisher – bevor es diesen Beruf gab – nicht möglich?
Solche Lösungen sind durchaus schon eine Weile Realität. Elektroplanerinnen, Elektroinstallateure, Sanitärinstallateurinnen oder Heizungsinstallateure integrieren ebenfalls intelligente Systeme. Dem neuen Beruf Gebäudeinformatiker/in EFZ kommt nun eine Schnittstellenfunktion zu. Die spezialisierten Berufsleute integrieren gebäudetechnische Systeme wie Heizungen, Lüftungen oder elektrische Energieverbraucher in ein funktionierendes Netz und steuern diese intelligent. Zudem verbinden sie all die verschiedenen intelligenten Systeme mit übergeordneten Managementsystemen. Sie organisieren und konfigurieren das Netzwerk und stellen dies je nach Situation auch anderen Gewerken zur Verfügung. Es ist alles bei diesem Beruf dabei: Vom Konfigurieren von Netzwerken zu Schnittstellen bis hin zu Kundenapplikationen.
War diese fehlende Verbindung der Grund für den neuen Beruf?
Ganz genau. Die Gebäude werden immer intelligenter und das führt zu mehr Schnittstellen. Diese Verknüpfung zwischen verschiedenen Gewerken – Elektro, Heizung, Klima, Sanitär muss geplant, koordiniert und umgesetzt werden. Berufe in jede einzelne Fachrichtung gibt es ja schon, jedoch nicht in einer Lehre vereint abgebildet. Der Beruf Telematiker/in EFZ kommt dem am nächsten, deckt aber auch nicht mehr alle Bedürfnisse ab. Telematikerinnen und Telematiker sind Generalisten mit einem breiten Wissen. Mit dem Fortschritt an Technik sowie den veränderten Bedürfnissen am Markt und der Kunden wurde uns bewusst, dass die Fachpersonen stärker in die Tiefe ausgebildet werden müssen.
Bei der Lehre Gebäudeinformatiker/in EFZ reagiert man somit auf die Verknüpfungsdichte in einem Gebäude und es wird die neuste Technik berücksichtigt. Sinnvollerweise kann man sich in der Lehre zum Gebäudeinformatiker, zur Gebäudeinformatikerin nun neben den allgemeinen Grundkenntnissen auf einen der Fachbereiche Planung, Gebäudeautomation oder Kommunikation und Multimedia spezialisieren. Es ist zudem eine grosse Chance im Bereich Energieeffizienz und damit zur Zielerreichung für die Energiestrategie 2050.
KÜNFTIGE LERNENDE SOLLTEN STARK AN TECHNIK UND INFORMATIK SOWIE NEUEN TECHNOLOGIEN INTERESSIERT ODER GEWILLT SEIN, ES ZU LERNEN. |
Wie sehen die typischen Lernenden dieses Berufs aus? Welches Profil müssen sie aufweisen?
Sie sollten stark an Technik und Informatik sowie neuen Technologien interessiert oder gewillt sein, es zu lernen. Wer experimentierfreudig, clever im Systemumgang oder offen für unkonventionelle Lösungen ist, der passt sicher gut ins Berufsbild. Man muss selbstständig aber auch gut im Team und zusammen mit Kundinnen und Kunden arbeiten. Darüber hinaus ist es natürlich von Vorteil, wenn die Schülerinnen und Schüler gute Leistungen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zeigten.
Wo und in welchen Betrieben kann der Beruf erlernt werden?
Je nach Fachrichtung wird er besonders von Elektroinstallationsfirmen angeboten, die sich auf Automation oder Kommunikation fokussieren. Aktuell kann der Beruf in Luzern sowie in Basel, Bern, Neuenburg, St. Gallen und Zürich erlernt werden. Im ersten Jahr sind es schweizweit rund 50 Lernende, in Luzern sind es zwölf. Das ist durchaus ein guter Anfang. Wir freuen uns aber, wenn viele junge Talente in diesen Beruf einsteigen und die Art und Weise, wie wir in Zukunft leben und arbeiten, aktiv mitbestimmen möchten.
Das sagen die ersten Gebäudeinformatiker
Zwölf Lernende im Kanton Luzern haben vor drei Monaten erstmals die Ausbildung Gebäudeinformatiker/in EFZ begonnen – darunter Blend Palushi und Justin Leòn. Dass es ein technisch orientierter Beruf werden soll, wusste Blend Palushi aus Emmenbrücke schon früh. Mit der Klasse besuchte er in seiner Schulzeit die Zebi, wo er sich einen Überblick verschaffen konnte. Es zog ihn immer wieder zu den technischen Berufen. So entschied er sich für eine Schnupperlehre als Telematiker EFZ, was ihm gefallen hat. «Mich hat vor allem interessiert, wie die Elektronik in einem Gebäude funktioniert, wie alles strukturiert und konfiguriert ist», sagt Blend. Vom Schnupperlehrbetrieb wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass es eine neue Lehre gebe: Gebäudeinformatiker/in EFZ. Der 15-Jährige war begeistert: «Ich merkte schnell, dass dieser neue Beruf besonders zukunftsorientiert ist. Das hat mich gepackt.» Von der Planung bis zur bis Umsetzung Ähnlich wurde Justin Leòn aus Hergiswil NW auf den Beruf aufmerksam, als er die Schnupperlehre zum Elektroinstallateur EFZ absolviert hat. Auch er erhielt die Möglichkeit, ein zweites Mal – diesmal als Gebäudeinformatiker – zu schnuppern. Was dem 16-Jährigen am Beruf besonders gefallen hat, ist die vergleichsweise längere Büro-Zeit. «Man hat von beidem etwas. Etwa 70 Prozent ist man im Büro mit der Planung und dem Programmieren beschäftigt. Etwa 30 Prozent ist man auf der Baustelle oder im Service.» Darin sieht er jetzt, nach drei Monaten Lehre, auch den grossen Mehrwert: «Ich konnte bereits erste eigene Projekte umsetzen. Vor Ort zu sehen, was aus der eigenen Planung geworden ist, ist ein tolles Gefühl.» Kein Projekt wie das andere Auch für Blend Palushi ist es die Vielseitigkeit, die ihn am Gebäudeinformatiker reizt: «Man plant, setzt um und geht dann direkt zum Kunden. Das finde ich spannend.» Auch sei kein Projekt gleich wie das andere. Mal seien es grosse Neubauprojekte, mal Privatkunden mit kleineren Anliegen. In seiner Lehre konnte er nun auch einen Monat in den Beruf des Elektroinstallateurs EFZ eintauchen. «So habe ich einen guten Einblick sowie das Verständnis für die Installationen und kann das Fachwissen vertiefen.» Auf die Frage, ob es ein Vor- oder Nachteil sei, dass sie die ersten Lernenden in diesem Beruf seien, sind sich Justin und Blend einig: Man merke schon, dass es ein neuer Beruf sei und dass die Lehre noch gefestigt werden müsse. Es komme immer mal wieder zu Anpassungen oder Rückfragen in der Schule oder im Betrieb. «Doch das macht es auch spannend», so Justin. Und Blend ergänzt: «Es ist wirklich toll, dabei zu sein, wenn etwas Neues entsteht.» Entsprechend können sie den Beruf weiterempfehlen. «Wenn sich jemand für Technik interessiert, dann passt es auf jeden Fall», erklärt Blend. Und Justin präzisiert: «Mathmatik und Englisch sind sicher auch wichtige Fächer. Und bezüglich Technik kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, dass grosse Vorkenntnisse kein Muss sind. Wenn der Wille da ist, kann man es lernen.» |
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