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Mit 36 vom Büro in die Gummistiefel

Christian Sulzberger entschied sich mit 36 Jahren zu einem Neuanfang. Er verliess seinen Bürojob und begann die Ausbildung zum Milchtechnologen EFZ. Zwölf Jahre und eine Höhere Berufsbildung später führt er die Molki Stans und lebt seine Faszination fürs Käsen noch wie am ersten Tag.

Text Daniela Barmettler / Bilder Christoph Arnet / Video: Zentralschweizer-Berufsbildungsämter-Konferenz ZBK
Publikation im Zebi Magazin, 2. November 2024


«Ich merkte, jetzt ist genug», beginnt Christian Sulzberger zu erzählen. «Ich wollte etwas Handfestes machen und mich nicht nur mit abstrakten Fragen auseinandersetzen.» Diesen Wunsch hatte Christian im Alter von 36 Jahren.

Zu diesem Zeitpunkt arbeitete der Schaffhauser im Controlling der Zürcher Fachhochschule und hatte eine kaufmännische Ausbildung sowie ein Studium in Betriebsökonomie im Sack. Was folgte, war ein radikaler Schritt: vom Akademiker zum Praktiker, vom Büroangestellten zum Milchtechnologen, vom Projektleiter zum Lernenden. «Ich habe mir lange überlegt, ob ich diesen Schritt wagen soll und ob ich dies durchstehen werde», gesteht Christian. Und es sei auch nicht immer einfach gewesen: «Als Quereinsteiger musst du eine grosse Portion Mut und Motivation mitbringen. Und natürlich ist es finanziell ein harter Einschnitt.» Er habe alles ganz genau durchgerechnet.

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Christian liebt das Käsehandwerk: «Ich wollte etwas Handfestes machen und mich nicht nur mit abstrakten Fragen auseinandersetzen.»

Persönliche Note als Faszination

Christian suchte das Ursprüngliche, die Arbeit «mit den Händen». Dass sein künftiger Weg in die Lebensmittelbranche führt, war für ihn klar. Nach zwei Schnupperlehren im Lebensmittelbereich fand Christian in der Käserei Flüeler in Alpnach seine Berufung und begann dort 2013 seine Ausbildung zum Milchtechnologen EFZ. Der Familienbetrieb, in dem das traditionelle Handwerk im Vordergrund steht, bot ihm genau das, wonach er suchte. «In der Käserei ist alles greifbar. Ich bin von A bis Z am Erschaffungsprozess dabei und habe am Schluss ein einzigartiges Naturprodukt in den Händen», schwärmt Christian.


«Ich habe von der Höheren Berufsbildung einen bunten Strauss an Werkzeugen für den Betriebsalltag mitgenommen.»

Christian Sulzberger



Während seiner Ausbildung beeindruckte ihn besonders die Leidenschaft und Hingabe, mit welcher die Familie Flüeler hinter ihren Produkten stand. «Das kannte ich bis dahin nicht und hat mich nachhaltig geprägt», erklärt Christian. Man spürt die Begeisterung von Christian für sein Handwerk. Seine Augen strahlen, wenn er darüber spricht: «Das Käsen ist eigentlich ein einfacher Prozess, der dann aber von der Person belebt wird. Wenn du einen Käse probierst, erkennst du den Menschen dahinter.»

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«In der Käserei ist alles greifbar. Ich bin von A bis Z am Erschaffungsprozess dabei und habe am Schluss ein einzigartiges Naturprodukt in den Händen», schwärmt Christian.

Vom Start-up zur eigenen Molkerei

Nach seiner Ausbildung gründete Christian zusammen mit seinem Partner Axel Dippold das Start-up «Chäsgschichten»: ein Käse-Abo für die Städte Basel und Luzern. Ausgesuchter Käse von Hof-, Alp- und Dorfkäsereien wird den Kundinnen und Kunden per Velo ausgeliefert. Axel war zu dieser Zeit im Category Management bei Coop tätig und brachte viel Erfahrung im Einkauf und Absatz von Lebensmitteln mit. Der Käser und der Manager – eine perfekte Kombi. Eine, die auch in Stans nicht unerkannt blieb. Und so wurden Christian und Axel von Sepp Barmettler als Nachfolger für die Molkerei Barmettler in Stans angefragt. «Der Zeitpunkt war perfekt. Wir hatten mit ‹Chäsgschichten› wichtige Erfahrungen gesammelt und waren motiviert für den nächsten Schritt», blickt Christian zurück.

Herausfordernd, aber wertvoll

Noch vor der Übernahme der Molki Stans stand für Christian der nächste Ausbildungsschritt an: die Höhere Berufsbildung im Bereich Milchwirtschaft an der Fachschule 1 am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung in Sursee. Dort werden Milchtechnologen und Milchtechnologinnen während zehn Monaten intensiv auf die eidgenössische Berufsprüfung vorbereitet. «Diese Vollzeitausbildung als Selbstständiger war hart. Die Zeit, die nebst der Ausbildung noch blieb, investierte ich fürs Unternehmen», erinnert sich Christian.


«Quereinsteiger bringen Leben und frischen Wind in einen Betrieb.»

Christian Sulzberger



Für ihn ist das ein Aspekt, der sich künftig noch verbessern kann: «Unsere Berufsbildung ist stark darauf ausgelegt, dass man den klassischen Weg einschlägt. Quereinsteiger oder selbstständige Unternehmerin haben einen herausfordernden Weg vor sich.» Dennoch sei die Höhere Berufsbildung äusserst wertvoll gewesen: «Ich habe einen bunten Strauss an Werkzeugen für den Betriebsalltag mitgenommen. Für eine leitende Person in einem gewerblichen Umfeld ist das absolut empfehlenswert.»

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Heute führt Christian Sulzberger zusammen mit seinem Partner Axel Dippold die Molki Stans in Nidwalden.

Inspiration für den Nachwuchs

Die Molki Stans ist ein kleiner, sehr vielfältiger Betrieb mit Kundschaft aus Nidwalden und Luzern. Christian ist verantwortlich für die Produktion, Axel für die Kundenpflege und neue Projekte. «Wir produzieren alles von Hand und setzen unsere Sinne dazu ein. Tradition ist ein wichtiger Wert, der aber nicht über allem steht», sagt Christian, der gerne tüftelt und Produkte weiterentwickelt.

Christian und Axel dürfen dazu auf ein tatkräftiges Team zählen, wovon drei Lernende sind. «Der Nachwuchs liegt mir am Herzen und er ist für unsere Branche enorm wichtig. Als Quereinsteiger und mit meinen Erfahrungen aus unterschiedlichen Tätigkeiten kann ich ihre Horizonte bestimmt ein bisschen erweitern.»

Mut zum Neuanfang

Christian Sulzberger ist der Beweis dafür, dass es nie zu spät ist, seine Komfortzone zu verlassen, um seine Berufung zu finden. «Ich wünsche mir, dass mehr Menschen den Mut haben, das zu machen. Quereinsteigerinner und Quereinsteiger bringen Leben und frischen Wind in einen Betrieb», sagt er voller Überzeugung.

Seine Begeisterung für sein Handwerk ist seit zwölf Jahren ungebrochen und die Entscheidung, selbst einen Betrieb zu führen, habe er nie bereut. «Man gewinnt Freiheit für seine Tätigkeit, aber man verliert sie in der Freizeit», sagt er lachend, «doch die Leidenschaft für das, was man tut, gibt einem alles zurück.»


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